Eingezäunt.
"Waffeln müssen fliegen können wie Frisbee-Scheiben"
Dieser Ausspruch meiner geliebten Patentante schwebt gerade hartnäckig in meinen Gedanken.
Meinen Installationen gebe ich oft absurd wirkende Titel.
Manchmal erscheinen große Überschriften im Traum. Oder eine Person sagt etwas, was mich tief berührt und es wird zu einem Thema meiner Arbeit.
Mich beschäftigen
- das Menschsein in einem unendlich erscheinenden Weltall
- Vergänglichkeit, Liebe und Tod
- die Digitale Revolution
- Flucht
- Globalisierung
und mehr, mehr, mehr ... jetzt hier kein Mehr-Button
Auf dem Campus-Gelände habe ich mein Augenmerk auf die Zäune gerichtet. Und auf alles was gefährlich aussieht.
Ein Aufkleber, verblichen auf einem Laternenmasten, erinnert an die Aktion: "Ein Bett für Edward Snowden".
In meiner Grundschulzeit musste die ganze Klasse Briefe schreiben an die Kinder, die wegen Unfall im Krankenhaus waren. Wie fühlt man sich im Exil, vielleicht auch irgendwie wie im Krankenhaus?
Warum nicht Briefe an Herrn Snowden schicken und ihm aus der eigenen Welt etwas berichten?
Warum nicht während der Kunstorte No 14?
Ein Brief für Herrn Snowden / A Letter for Mr Snowden
Jeder und jede kann sich daran beteiligen. Der Gestaltung sind keine Grenzen gesetzt. Haufenweise analoge Briefe per Luftpost nach Russland? Aber welche Adresse nehmen. Warum nicht vom Sankt Augustin nach Sankt Petersburg , also von einer heiligen Stadt in die andere schicken: an die Eremitage, Russland, 190000, St Petersburg, Dvortsovaya Naberezhnaya (Embankment), 34?
Sicherlich wird sich von dort ein Weg finden, wie er das Material sicher erhält. Oder wir digitalisieren alles und laden es auf unserer Kunstorte-Homepage hoch.
Auf dem Campus steht auch eine Art E-Werk. Das wollte ich als "Home for Mr Snowden" einrichten.
Aber es ist wohl zu gefährlich? Wir KünstlerInnen haften persönlich auf dem Campus für alles was wir tun.
Auf jeden Fall plane ich selbst einige Briefe an Herrn Snowden zu schreiben und er bekommt von mir den Link zu den
Kunstorten 14. Vielleicht haben ja noch mehr Leute Lust auf Briefe schreiben?
Und dann habe ich einige Datenträger gesammelt … und es wird ein Tier dabei sein …. und ein ziemlich sperriges Ding, was hoffentlich nicht zu gefährlich/dangerous sein wird.
Mir fehlte bei meinem Besuch auf dem Campus die Vergangenheit. Ich werde also Vergangenheit mitbringen.
Die andere Aktion, die mich beschäftigt, ist ein Gemeinschaftsprojekt der kunstorte No 14.
Ein Foto von Lefteris Pitarakis, das im März in der TAZ erschienen war. Es zeigt einen Grenzzaun mit Stacheldraht. Daran hängt ein Vogelkäfig. Zwei Kinder erfreuen sich daran. Hinter dem Zaun liegt ein tiefblauer See. Eine Bergkette zeichnet sich ab.
Verschiedenen Bedeutungsschichten: Ein in einem Käfig gefangener Vogel, der einem Flüchtling gehörte. Ein Vogel, der nicht fliegen kann, Menschen die vor Grenzzäunen stehen und Menschen hinter den Grenzen, die ebenfalls vor Grenzzäunen stehen. Irgendwie sind sie alle eingezäunt: Der Vogel als Symbol für Freiheit ebenso eingeschlossen wie die Menschen vor und hinter den Grenzen. Und was ist eingeschlossen: Ist es nicht vielleicht im Kern die Liebe, die gefangenen gehalten wird? Ist es also „Liebe, eingezäunt“ = „Gated Love“? Aber es gibt Hoffnung, Kinder, die voller Vertrauen und Freude sind.
kunstorte No 14